Edith Penk – Rohne

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Edith Penk
Edith Penk

Ich bin Edith Penk aus Rohne. Ich bin 76 Jahre alt, bin hier geboren und lebe hier seit meiner Geburt in Rohne.

Wie ernst ist es um Rohne? Welche Möglichkeiten gibt es noch Rohne zu retten?

Das wird schwer, den Ort zu retten. Aber es ist möglich. Denn es gibt viele Orte, die von der Abbaggerung bedroht waren beziehungsweise teilweise schon devastiert wurden, da wurde dann plötzlich Schluss gemacht. Es kann im Rahmen der Energiewende immer noch ein großes Wunder geschehen, das unseren Heimatort stehen lässt. Daran klammern wir uns immer noch.

Was können Sie selber noch tun?

Das hängt immer davon ab, ob man gesund bleibt und damit die Kraft hat. Aber auf alle Fälle können wir weiter für unseren Heimatort einstehen.

Sonnentau
Sonnentau

Was ist das Besondere an Ihrer Heimat? Was könnten Sie nicht mitnehmen wenn Sie weg müssten?

Erstens können wir unsere schöne Natur nicht mitnehmen, denn wenn ein neuer Ort gebaut wird, dann wird erst einmal alles, das ein bisschen was mit Natur zu tun hat, wie Bäume oder anderes Pflanzenmaterial, erstmal wegrationalisiert um Baufreiheit zu haben. Ja, was kann man nicht mitnehmen? Die schönen alten Bäume im Dorf, die Vierseithöfe, die Wirtschaften, die die Landschaft ausmachen, unsere Wälder rund herum. Unsere Flurnamen, können wir zwar aufschreiben, aber die Fluren selbst sind dann nicht mehr da. Bei uns hier in den Dörfern, die Wiesen, Felder, Wälder, die haben ja alle einen Namen, beispielsweise „lawnik“, „strušk“, „góla“, „kólesko“ um mal einige zu nennen. Das kann man nicht mitnehmen und keinen alten Baum. Man könnte ihn umsetzen lassen, aber einen alten Baum verpflanzt man nicht, der wächst ja nicht mehr an.

Ich habe den Urwald Weisswasser nicht mehr sehen können, nur noch zerstörte Fläche. Können Sie mir beschreiben wie es dort ausgesehen hat?

Der Urwald Weisswasser war nur ein kleines Stückchen von unserer schönen Natur. Wir hatten Pücklers Jagdpark, der war 3000 Hektar groß. Das war auch wieder nur ein kleiner Teil der Lausitzer Heide oder der niederen Muskauer Heide und all das gehörte zur Muskauer Standesherrschaft. Wenn man die Bauernwälder und alles mit einrechnet, dann sind wenn der Tagebau alles gefressen hat 17 000 Hektar unserer schönen Heimat zerstört. Pücklers Jagdpark war voller alter Bäume. Alte Buchen, alte Eichen, Kiefern, Fichten, Lärchen, Linden, Eschen, alles was man sich denken kann. Das waren nicht nur Bäume schlechthin, manche hatten ihre 400 Jahre auf dem Buckel. Manche waren noch nicht so alt aber hatten auch schon ganz schön an Umfang zugenommen. Das kann man jetzt an den geschlagenen Bäumen an den Ringen erfahren wie alt die Bäume sind. Eine Kiefer, die einen Umfang von circa 1,5 Meter hat, kann 270 Jahre alt sein, die kann aber auch bloss 220 Jahre alt sein. Das hängt immer davon ab auf welchem Standort sie ihre Bedingungen hatte und zu welche Zeit sie wachsen konnte.

Rodung für den Tagebau am ehemaligen Märchensee
Rodung für den Tagebau am ehemaligen Märchensee

Warum haben ein Weltkulturerbe, Naturschutzgebiete und Listen von schützenswerten Arten nicht genug Bedeutung, dass man sie erhält?

Ganz einfach, weil es Kräfte in Sachsen, in Brandenburg, in Deutschland überhaupt gibt, die nur den Profit sehen, und denen die Natur völlig egal ist. Alles runtermachen, nach uns die Sintflut. Die gehen davon aus, es wächst ja alles wieder. Dass ein Baum aber 100 Jahre zum Wachsen braucht, das wird nicht gesehen. Dass sich Landschaften entwickeln müssen, dass sie viel Zeit brauchen um sich zu einem solchen schönen Umfeld zu entwickeln, das wird vergessen. Mir hat beispielsweise unser Ministerpräsident in einem Brief antworten lassen, ich brauche mir keine Sorgen um die 400 Jahre alten Bäume zu machen, die werden doch zu Biomasse verarbeitet, und damit zu umweltfreundlichem Strom und außerdem wird ja Neues angepflanzt, es wird ja rekultiviert.

Funktioniert Rekultivierung nicht?

Natürlich funktioniert das. Aber die sind bei der Naturschutzbehörde der Meinung, wenn man ein paar Pflanzen umsetzt, dann reicht das aus um es unseren nachfolgenden Generationen zu erhalten. Vieles wird auch richtig schlampig umgesetzt. Die lassen das einfach Firmen machen, die keine Beziehung zu unserer Gegend haben. Die sehen nur zu, dass das gemacht wird. Ich habe beispielsweise gesehen, dass eine Firma mit solchen kleinen Kästen ankam um den Bärlapp umzusetzen, die hatten nicht mal die Größe eines Einkaufskorbes. Um Bärlapp umzusetzen braucht man ja mindestens die Länge einer Pflanze und manche Pflanzen sind bis zu zwei Meter lang. Man darf ja die Pflanze bei der Umsetzung nicht zerstückeln, die muss im Ganzen bleiben. Oder bei der Umsetzung der Orchideen, der Knabenkräuter, wurde nur ein Spatenstich ausgehoben, das reicht natürlich nicht. Orchideen, brauchen ja diesen Mykorrhiza-Pilz und der bildet sich nicht neu. Der muss ausreichen um die Pflanze zu ernähren und deshalb müssen die in einen Boden umgesetzt werden, wo der Mykorrhiza sowieso drin ist.

Suche nach bedrohten Arten
Christian und Edith Penk suchen nach bedrohten Arten und markieren diese damit sie umgesetzt werden können.

Eigentlich gibt es ja ein Naturschutzgesetz, das verbietet geschützte Pflanzen auszugraben?

Die Firma darf das, aber ein normaler Bürger, der darf keine Pflanze entnehmen auch wenn er sie vorschriftsmäßig dann irgendwo einsetzt. Er braucht erstmal die Genehmigung der Naturschutzbehörden für das Umsetzen der Pflanzen und für den Raum, in den die Pflanzen gesetzt werden, und das dauert mitunter. Ja Deutschlands Mühlen, die mahlen ja langsam. Laut Gesetz ist es verboten geschützte Pflanzen zu entnehmen aber es ist nicht verboten, dass der Harvester oder irgendein Bagger die geschützten Pflanzen zerfährt.

Können Ehrenamtliche eine Genehmigung kriegen um Pflanzen zu retten?

Man kann und man kann nicht. Man kann eine Genehmigung kriegen die Pflanzen zu kennzeichnen, die gerettet werden müssen, aber nur an bestimmten Stellen und meistens auch erst wenn es schon fast zu spät ist. So ist es auch passiert, als wir Pflanzen entnommen haben und vorschriftsmässig auf großen Paletten in die Försterei geschafft haben, so wie es vereinbart war, gekennzeichnet mit Pflanzrichtung, wie die Pflanze wieder ins Gelände eingesetzt werden muss und mit genügend Erde. Von der unteren Naturschutzbehörde sollte ich fast eine Anzeige kriegen weil wir die Pflanzen vor dem Harvester gerettet haben, der sie am nächsten Tag zerfahren hätte, und sie vorschriftsmäßig in die Försterei geschafft haben.

Edith Penk zieht ihre traditionelle sorbische Kopfhaube an
Edith Penk zieht ihre traditionelle sorbische Kopfhaube an

Geht man denn immerhin mit der Kultur besser um? Die sorbische Kultur hat ja einen Schutzstatus in Sachsen?

Die sorbische Kultur hat zwar einen Schutzstatus. Aber Kulturgüter sind ja nicht nur das, was die Menschen tragen oder was sie umgibt, es gehört alles dazu was uns umgibt. Dazu gehört auch die Natur. Erst wird die Natur zerstört dann die Kultur. Jeder Hof hat doch eine eigene Geschichte. Jedes Haus hat seine eigene Geschichte. Wir haben hier die alten Schrotholzhäuser, wir haben die alten gemauerten Ziegelhäuser oder Fachwerk mit Lehm. Das sind besondere Bauweisen aus verschiedenen Epochen. Das wird alles zerstört. Wer lässt sich wieder so einen Vierseithof aufbauen? Das ist in einer städtebaulichen Siedlung, wie sie geplant wird zur Umsiedlung, gar nicht möglich. In so einer städtebaulichen Siedlung da wird den Leuten nicht erlaubt sein mitten im Ort Hühner zu halten, oder Gänse oder eine Kuh. Dann fehlen dort auch diese ganz alten Bäume. Wenn ich an Rohne denke, da stehen ganz alte Eichen, die haben auch ihre 200, 300 Jahre auf dem Buckel.

Die einen wollen ihre Heimat erhalten mit dem Tagebau und die anderen sagen, aber der Tagebau zerstört unsere Heimat. Wie geht das zusammen?

Die Leute werden mit Geld beeinflusst und den Leuten wird eingeredet: „Dann gibt’s keine Arbeitsplätze, dann geht’s hier nicht weiter, dann kann die Lausitz zu machen.“ Aber wenn die Tagebaue ausgekohlt sind, dann gibt es ja erst recht keine Arbeit mehr hier. Dann muss ja auch umgestellt werden auf alternative Energien. Die Menschen werden hier so verarscht. Man merkt das bei uns hier besonders im Ort, oder im Gemeindeverband. Die Vereine kriegen Geld von Vattenfall über die Gemeinde und den Leuten wird dann eingeredet: „Wir kriegen das Geld von Vattenfall und deshalb müssen wir Zugeständnisse machen. Wir können nicht gegen den Tagebau sein.“ Die Kirche wurde neu saniert, das hat Vattenfall bezahlt. Dann wird den Vereinen eingeredet: „Wenn Vattenfall nicht wäre dann könnte das nicht gemacht werden.“ Es ist doch so, wessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe. Die paar, die den Mund aufmachen, die gegen die Abbaggerung sind, die werden kurz gehalten, die werden in den Vereinen benachteiligt oder ganz aus dem Vereinsleben rausgedrückt. Wer da nicht mitzieht, der ist weg vom Fenster, der kriegt keinen Arbeitsplatz. Den Leuten wird das eingeredet, nicht nur von oben sondern auch von den Kollegen.

sorbischen Trachten für Puppen
Edith Penk näht die vielfältigen Varianten der sorbischen Trachten für Puppen

Wie viele Leute in Rohne sind für und wie viele sind gegen die Tagebauerweiterung?

Also laut Unterschriften, war ja der überwiegende Teil der Rohner gegen die Abbaggerung. In Befragungen wurde aber nicht gefragt, wollt ihr dass euer Dorf abgebaggert wird? Sondern es wurde in allen Umfragen immer gefragt: „Wenn es dazu kommt, möchtet ihr dann sofort umsiedeln? Möchtet ihr dann euren Kindergarten wieder haben? Möchtet ihr dann die Feuerwehr? Was ist euch besonders wichtig im Ort? Möchtet ihr sofort umsiedeln weg von der Tagebaukante?“ Es wurde nie gefragt: „Möchtet ihr die Abbaggerung?“

Wie geht es Ihnen wenn Sie durch die Straßen fahren, wo schon einige Häuser fehlen?

Das ist schon ein komisches Gefühl. Es bedrückt einen irgendwie und lässt das Damokles-Schwert immer näher rücken. Die Ortsmitte ist ja schon zerstört, da fehlt schon die eine Gaststätte, die eigentlich früher immer Zentrum im Ort war. Ganz abgesehen von dem Krach, der durch das Abreißen der Häuser kilometerweit zu hören ist, der Staub, das Rattern der Bagger, die gleich das Fenster mit Jalousien rausreißen ohne dass irgendwas abgebaut wurde. Das ist schon beklemmend.

Reste der bereits etwa seit 100 Jahren umgestürzten Kiefer "Die Protestantin"
Edith Penk begutachtet junge Kiefern die auf den Resten der bereits etwa seit 100 Jahren umgestürzten Kiefer “Die Protestantin” wachsen

Haben Sie noch Hoffnung, dass Rohne stehen bleibt?

Ja. Wir hoffen immer noch, man könnte sagen, dass ein Wunder geschieht. Wunder gibt es immer wieder und jedes Todesurteil, das gefällt wurde, kann man zurücknehmen. Für uns ist dieser Plan der Genehmigung des Abbaufeldes II das Todesurteil. Aber ein Todesurteil kann man zurücknehmen. Das ist unsere ganze Hoffnung.

Junge Kiefer auf den Resten der bereits etwa seit 100 Jahren umgestürzten Kiefer "Die Protestantin"
Junge Kiefer auf den Resten der bereits etwa seit 100 Jahren umgestürzten Kiefer “Die Protestantin”

Möchten Sie noch etwas hinzufügen möchten?

Eigentlich ja, ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Rechnung die Waage hält mit dem Erlös aus der Kohle. Man hört oft genug, dass die Kohle bezuschusst wird. Ich habe neulich erst wieder gehört, dass jeder Arbeitsplatz vom Land beziehungsweise vom Staat gefördert wird und dass Vattenfall beispielsweise die Umsiedlung gar nicht selber bezahlt, sondern, dass das wieder abgezogen wird von den Steuern, die die eigentlich ans Land bezahlen müssten.
Alles das, was jetzt aus der Erde rausgeholt wird, das müsste doch auch unseren Nachfahren zur Verfügung stehen, denn die Kohle hat sich in Jahrmillionen gebildet und es kann nicht sein, dass nur die Generationen der letzten 150 Jahre ein Anrecht auf das Fördern der Kohle haben. Das müssen doch Generationen, die nach uns leben, auch noch haben. Aber die Kosten, für das ganze Debakel, das müssen unsere Nachfahren zahlen. Denen wird beispielsweise dieser wunderbare Bezug zur Natur und zu diesen alten Bäumen verwehrt. Die können das nicht mehr kennenlernen und können es auch nicht mehr nutzen, weil nur ein ganz winziger Teil umgesetzt wird von dem Ganzen und ob das von Erfolg gekrönt ist, das ist die Frage. Wir haben ja heute, die drei kleinen Vögelchen dort im Nest auf dem Erdboden gesehen. Auch den Tieren wird die Heimat genommen. Nicht bloss den Menschen. Das ist ein Verbrechen an der Natur. Die CDU ist eine christliche Partei, die für den Erhalt der Schöpfung sorgen müsste und die lassen das alles zerstören. Der Spreewald ist verockert und die vielen kleinen Flüsse. Oder die ganzen Rutschungen, allein in Brandenburg und Sachsen sind 35 000 Hektar Flächen gesperrt und es kommen immer wieder welche dazu. Nirgends gibt es so viel Schilder wie hier. Es wird den Tieren der Lebensraum genommen, den Pflanzen, den Tieren und den Menschen. Die Heimat der Sorben wird so zusammengepresst, das ist kein Lebensraum mehr, wo sich eine Minderheit entwickeln kann, denn eine Minderheit braucht den entsprechenden Lebensraum mit ihrem Natur- und Kulturraum.
Bei dem Abbaufeld II ist noch gar nicht geklärt ob es klappen wird mit dem Trinkwasser. Das soll aus der Nähe von Bautzen herkommen, für die Bewohner der Orte hier rundherum. Hier gibt es kein Trinkwasser mehr. Die Quellen sind zerstört. Trinkwasser ist eines der wichtigsten Dinge, die der Mensch zum Leben braucht. Bis 2018 liefert Schwarze Pumpe noch Trinkwasser für unsere Region und für Weisswasser und dann ist Schluss. Das sind alles Dinge, die gar nicht richtig geklärt sind, aber das interessiert keinen. Die Leute interessiert nur das schnöde Geld. Wer da nicht mitzieht, der gilt als hinterwäldlerisch oder als dumme alte Frau. Im Grunde genommen es geht nur ums Geld, Geld, Geld. Geld regiert die Welt. Das war doch schon immer so. Für Geld gibt der Deutsche glaube ich alles her. Leider.

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Erneuerbare Energien in Deutschland