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Mein Name ist Johannes Rudolf Walter Al Büttner. Al kommt von der Zulassungsstelle, als die nicht genug Stellen hatten um den Namen vollständig auszuschreiben.
Eines Tages als ich Klavier studieren wollte, habe ich mich auf die Suche gemacht nach einem Platz wo ich einen Flügel hinstellen kann. Als ich die Anzeige aufgab „Pianist sucht Häuschen, gerne renovierungsbedürftig in der Nähe vom Wald, außerhalb“ haben sich die Vermieter Hansen gemeldet. Wir haben ein paar Sachen ausgehandelt und so kriege ich das Haus für eine relativ günstige Miete.
Während der Zeit habe ich hier angefangen die meisten Zierpflanzen gegen Grünflächen mit Kompostierung und Gemüse auszutauschen, wobei das jetzt immer noch andauert. Das war 1997 jetzt haben wir 2014. So kam ich zu diesem Haus. Die Vermieterin war eine Musikliebhaberin und hat sich gefreut, dass da jemand drin Musik machen möchte.
Was ist jetzt das Besondere an dem Haus? Was hast du daran nachhaltiger, zukunftsfähiger gemacht?
Im Moment bin ich noch dabei die selbstgebastelten Doppelfenster zu reparieren. Aber die Isolation ist gar nicht so wichtig hier. Wichtig bei diesem Haus ist der Standort, weil es in Ebnet an einem Südhang liegt, und richtig viel Sonne abkriegt. Das heißt man hat hier mit großen Flächenfenstern vor allem in der Küche durch die Sonne schon sehr viel Wärme. Man braucht eigentlich gar nicht heizen. Ansonsten ist das Haus von mir selbst komplett von Elektrospeicheröfen damals in ein Holz geheiztes Haus umgewandelt worden. Dann haben wir eine Solaranlage für Warmwasser, die habe ich 2000 aus Schrott gebaut, die für das Duschwasser. Der ganze Gemüse-Apparat ums Haus rum ist sensationell fruchtbar und warm, so dass jetzt normale Roma-Salate im Winter überwintern, obwohl Frostverhältnisse sind. Ansonsten ist hier noch garnicht so viel mehr als diese Holzheizung halt, die sehr sparsam funktioniert. Ich wünsche mir hier noch viel mehr zum Beispiel Biogas-Herstellung mit anschließender Kompostierung. Das werde ich vielleicht auch noch hinkriegen, obwohl das ein Miethaus ist. Ja, das Besondere ist, dass es ein gemietetes Haus ist und trotzdem alle möglichen Projekte möglich sind.
Was ist die Motivation ein Haus, das dir gar nicht gehört, so weit zu optimieren?
Viele Leute sagen immer „das kannst du doch nicht machen, ist doch nicht deins“ und dann sage ich „doch, es geht schon, man muss es nur machen und nicht drandenken, das es einem nicht gehört“. Also ich lebe jetzt schon seit 17 Jahren diesen Traum, während ich eben nicht drandenken muss, dass es vielleicht der Vermieter irgendwann beendet beziehungsweise alles, was eingebaut ist, ihm gehört. In dem Vertrag steht drin, dass alles, was ins Haus eingebaut wird, inklusive der Materialien in den Besitz des Vermieters übergeht. Na ja, ich lebe damit.
Wir haben drei Kinder. Die erleben das wirklich nachhaltig für ihr Leben und können sich immer dran erinnern. Das ist ein wertvolles Projekt so etwas zu tun, statt es typisch christlich aufzuschieben auf nach dem Leben. Jetzt im Moment ist es wirklich so in den Tag hineinleben und die Sachen machen weil es darum geht diese Lust daran zu empfinden eine Idee umzusetzen.
Ist der Gedanke dahinter die Energiewende, die Nachhaltigkeit oder was eigentlich?
Ich hab seit meinem 9. Lebensjahr immer so ein dämmerndes Gefühl gehabt, irgendwas stimmt hier nicht in dieser Gesellschaft. Auf jeden Fall war ich schon immer der Meinung ich muss so leben. Warum genau, darüber habe ich mir nie so groß Gedanken gemacht. Ich habe immer so das Gefühl gehabt wir müssen uns auf den Bürgerkrieg, auf die absolute Wasser-, Energie- und Nahrungsmitteldürre einstellen. Wenn jetzt ein LKW, der hier den Edeka oder den Lidl bedient, ausfällt, oder mal zehn davon, dann gibt es plötzlich selbst hier im Dreisamtal kaum mehr etwas zu essen. Es gibt noch den Waldenweger Hof und den Reichenbachbauern und so. Viel mehr kenne ich nicht. Jetzt habe ich kein Regenwasser mehr. Ich muss jetzt Leitungswasser nehmen um das Gemüse zu bewässern. Das macht mir schon Sorge. Das bedroht mein Leben, weil ich bin dann vollkommen abhängig von der Wasserversorgung, die ja auch privatisiert werden soll, was ich als eine große Kriminalität empfinde, eigentlich Terrorismus. Saatgut-Monopole gibt ja auch noch.
Ich habe schon immer irgendwie das Gefühl gehabt, ich muss mich selber drum kümmern, sowohl was Energieversorgung betrifft, als auch vor allem was Nahrungsmittel betriftt und vor allem natürlich wie ich mit meinen Dingen umgehe. Sachen reparieren, das war schon immer normal für mich. Ich habe einfach schon immer versucht alles zu reparieren, was es gibt. Es stößt an Grenzen aber es geht relativ weit. Und immer dachte ich, warum lebe ich eigentlich so anders als die meisten anderen?
Jetzt sprechen die Leute von Energiewende. Ich hab mich da nie groß damit beschäftigt. Ich hab das immer als selbstverständlich empfunden.
Ja, wirkliche Freiheit fängt da an, wo ich von nichts anderem wirklich abhängig bin.
Wo kommt das ganze Material her, mit dem du baust?
In der Nachbarschaft gibt es immer wieder Schnittgut oder Holz, was die Leute sogar verschenken. Ich habe ein altes Auto mit einer großen Ladefläche. Da kann ich sagen, ich nehme den Baum mit allen Ästen mit und mache hinterher noch besenrein. Das ist ein Argument, was den meisten Stadtarbeitern einleuchtet. Es reicht tatsächlich. So wenig Holz wie wir hier brauchen im Altbau, ist sensationell. Es liegt hauptsächlich natürlich an der Bereitschaft einen Pulli anzuziehen. Aber es liegt auch an der Bereitschaft zu sagen, ich versuche es, nur zu duschen wenn es wirklich Sonne hat zum Beispiel. Aber im Prinzip haben alle Gäste hier immer das Gefühl das ist aber kuschelig warm
Das heißt für die Wärme kommst mit dem Solarkollektor und dem Holz aus?
Absolut, ja. Wir brauchen nichts. Also wir haben keine Elektroheizung mehr. Das einzige was wir noch haben sind Elektroboiler, die manchmal an sind in der Küche zum Spülen. Und im Bad gibt es einen, den kann man anschließen.
Womit was hast du den Solarkollektor gebaut?
Der Speichertank ist ein kein Solar-Speichertank, sondern ein ganz konventioneller mit einer liegenden Wendel, das heißt der schichtet schlecht. Das ist eigentlich schade, aber den habe ich geschenkt bekommen. Die Rohre sind zum Teil aus dem Sperrmüll, zum Teil vom Abriss. Ich habe einfach verzinkte Rohre genommen, mit der Säge abgesägt, ein neues Gewinde drauf geschnitten und die Rohre zusammen gebaut. Dann habe ich noch ein Ausgleichsgefäß gebraucht von einem Solarhändler, ein freundlicher Solarmarkt in der Lörracher Straße. Die Kollektoren sind chinesische Vakuumkollektoren, der neueren Generation, also mit geschlossenem Wasserkreislauf und mit einem geschlossenen Vakuum. Die wurden mir tatsächlich von der Elektrizitätsfirma mitfinanziert. Die haben so ein Programm gehabt und haben mir 3800 DM gezahlt. Die Kollektoren haben 4800 DM gekostet. Der Rest vom Material ist fast 100%ig gesammelt. Ich habe mir das zusammengesägt und gebastelt, das heißt die Kosten für die Anlage waren überschaubar und die Anlage läuft seit 14 Jahren jetzt störungsfrei.
Bei dir ist ja ziemlich viel selber gebaut. Wie kriegst du das unter einen Hut mit Beruf, Familie, Twike, Garten, …?
Der Tag hat ja 24 Stunden, wenn man wenig schläft und Lust hat etwas zu machen, dann geht das. Ich schlafe fünf Stunden, dann liege ich vielleicht noch manchmal eine Stunde wach im Bett, also sechs Stunden. Da sind noch 18, die übrig bleiben. Wenn man jetzt sagen wir acht Stunden Klavier übt, was auch viel wäre, dann hätte man immer noch zehn Stunden Zeit. In zehn Stunden kann man einiges tun, wenn man das will. Also das ist meine Hauptmotivation, die Fähigkeit irgendwas zu tun und das auch wirklich durchzuziehen bis zu einem Ziel und zum Erfolg. Wie zum Beispiel, dass eine Schraube rausgeht wenn sie festgerostet ist im Auto. Dann zählt es den Durchhaltewillen und die Geduld zu haben das bis zum Ende zu bringen, und das bringe ich dann auf, wenn ich dazu Lust habe. Wenn man etwas macht, bei dem der Kopf sagt „ich will jetzt aber noch die oder jene Ecke ausbauen, und dann schneide ich da ein Gewinde rein, und dann könnte ich noch das Detail betrachten …“ Und dann am Ende funktioniert es, dann kann man es ausprobieren und man freut sich darauf wie so ein kleines Kind am Weihnachtsabend. Das bringt so viel Spass, dass man im Prinzip auch zwei Nächte durcharbeiten kann. Wenn man sich auf was freut, dann braucht man nicht schlafen.

Wie bist du zum Twike gekommen?
Das Twike gibt es ja schon seit 1995 in der Öffentlichkeit und ich habe immer gedacht, wie alle anderen vermutlich auch, „Was das wohl kann?“ und habe es jahrelang ignoriert. 2007 habe ich dann den Twike-Service angerufen in Furtwangen, den Felix Duffner, bin Probe gefahren und habe dann gesagt „So, ich stecke jetzt alles Geld, was ich hab, in ein neues Twike. Die Welt geht sowieso bald unter und jetzt fahre ich wenigstens noch Twike“. Ich habe es dann aber wieder zurück abgewickelt, weil mir das zu teuer war. Dann habe ich angefangen gebrauchte Twikes zu finden und zu reparieren und zu renovieren und zu verbessern und durch den TÜV zu bringen und jetzt bin ich kurz davor eins zu verkaufen. Für denjenigen, der das kauft, ist das viel günstiger ist als ein Neues, obwohl es gleichzeitig zum Teil noch ein bisschen verbessert ist in manchen Details. (20:07)
Mit dem Twike fahre ich tatsächlich so viel Strecke, dass ich mein normales Autofahren, für weitere Strecken, zum Musikverein, Posaunen-Unterricht geben, Auftritte mit kleinerem Gepäck und wenig Musikinstrumenten, alles mit dem Twike machen kann. Seit dem spare ich unglaublich viel Sprit und bin auch ziemlich glücklich damit. Ich liebe die gute Luft, die man hier in Ebnet auch riecht. Seit ich elektrisch fahre finde ich es noch unerträglicher durch Wohngebiete mit einem Verbrennungsmotor zu fahren.
Hast du noch irgendwelche anderen Alternativen schon mal ausprobiert?
Ja, Velomobile, das ist ein ganz leichtes Dreirad nur mit Tretantrieb, ein richtiges Fahrrad also mit einer ganz leichten Karrosserie. Ich habe auch ein uraltes Velomobil von meinem Freund Bodo bekommen. Der ist damit als Klavierstimmer ein paar Jahre lang durch die Gegend gefahren. Kann ich nur empfehlen, das ist eine ganz schöne Fortbewegungsart. Es ist mir unerträglich mit dem Auto irgendwohin zu fahren, nur weil man gerade ein Kind abholen will oder schnell zum Einkaufen fährt.
Andere elektrische Alternativen habe ich auch schon probiert. Ich bin mit Freunden gefahren, die richtige Limousinen haben. Es gibt ja schon seit den 90er Jahren französische Elektrofahrzeuge. Die sind meistens halt träge, haben keine große Reichweite. Das Hauptproblem ist, dass die einen riesen Energieverbrauch haben weil sie halt schwer sind.
Nur, das Twike ist für mich, wenn ich nicht mit viel Gepäck fahre, die einzige Alternative. Da kann man sogar zwei Koffer mitnehmen, man kann einen Kontrabass mitnehmen, man kann viele Keyboards, Tuba, Posaunen mitnehmen. Man kann andere Leute mitnehmen. Es ist wirklich ein riesen Einkauf möglich, vier Getränkekisten, und braucht dabei so wenig Energie … sensationell.
Hat so ein Twike auch irgendwelche Schwachstellen?
Ja auf jeden Fall, massenweise. Es gibt keine große Förderung oder große Forschungsgruppen sondern es ist ein kleines Häufchen Leute, die das machen. Die Entwicklung ist eine supergeniale auf der einen Seite und auf der anderen Seite gibt es ganz viele Dinge, die man
vielleicht besser machen könnte. Aber es funktioniert offensichtlich. Ich habe ganz viele Sachen kritisiert als ich es zum ersten Mal gesehen habe, an Lagern, an Verbindungen, an der Materialauswahl. Aber es geht, man kann damit leben. Ich find’s ganz gut.
Welche Optimierungsmöglichkeiten hast du jetzt selber schon gefunden?
Ganz klar, das erste, was mir eingefallen ist, war die Achsmanschetten. Die Antriebsmanschetten sind Kreuzgelenke, wie bei jedem Fahrzeug. Die habe ich sofort mit Manschetten versehen. Das heißt die Kreuzgelenke werden vor Salzwasser geschützt. Das ist sehr wichtig, weil sonst die bei einem Vielfahrer in kurzer Zeit durchgewetzt sind. Das Getriebe habe ich verbessert indem ich neue Gewinde im Differenzial angebracht habe. Es ist selten, aber ich habe es schon erlebt, dass es einfach ausfällt. Dann die Lüftung der alten Nickel-Cadmium-Akkus, wenn man viel fährt, schnell fährt, weit fährt und im Sommer fährt, dann ist es wichtig, die Kühlung zu optimieren. So kann man Vollgas fahren, kann sofort laden und wenn’s voll ist wieder sofort Vollgas fahren und kommt selbst bei heißem Wetter nicht über die Grenze, wo es zu heiß wird, dass es überhaupt noch ladbar ist. Ach es gibt einiges noch. Ich habe noch ein paar Pläne im Kopf, was ich mir vorstellen könnte.
Was sind deine weiteren Pläne mit den Twikes?
Freiburg hat ja so ein Image von einer besonderen Stadt, die sich um Nachhaltigkeit kümmern. Die haben so ein Pilotprojekt auf der Vauban gemacht, das dazu geführt hat, dass Freiburg in der ganzen Welt ein Image hat. Also mir ist rätselhaft was in Freiburg anders ist als an anderen Städten. Aber zumindest dieses Image verlangt danach und ich selber und die ganzen Twike-Fahrer hier in der Umgebung auch, dass man hier ein Service-Center aufmacht. Also versuche ich jetzt mit einem befreundeten Fahrradladen ein Twike-Service-Center mit Verleih und eventuell einem Twaxi-Service zu machen, also Twike als Taxi. Damit könnte man vielleicht einer Gruppe von schlecht bezahlten oder arbeitslosen Menschen ohne Perspektive sagen „seid doch mal Twaxi-Fahrer. Man könnte es vielleicht sogar anbieten, dass es billiger ist als normale Taxis. Ich weiß nicht ob es geht, das müsste man mal durchrechnen.
Die Motivation ist für mich wie bei einem typischen Drogendealer. Man verkauft halt was um sich den eigenen Konsum damit zu erwirtschaften. Wenn ich die Dinger verkaufe oder repariere, dann habe ich die Möglichkeit mir die Ersatzteile selber zu kaufen. Dazu wird der Fahrradladen von einem Freund noch aufgewertet zum Twike-Service-Center. Es ist jetzt gerade in der Verhandlung.
Du hast Freiburgs Image angesprochen. Wie hast du die Entwicklung zur „Green City“ miterlebt?
Ich habe erlebt, dass alles was man hier erleben konnte, schon vor den 90er Jahren passiert sein muss. Das ist jetzt übertrieben. Aber sagen wir mal, diese wirkliche Bewusstseinsbewegung, dass die Menschen zusammen, egal welcher Hautfarbe oder welches Berufes zusammen gefunden haben um zum Beispiel das Atomkraftwerk in Wyhl zu verhindern oder, dass wir Anfang der 1990er bei den amerikanischen Bombardierungen im Irak wirklich zu Tausenden mit allen Bevölkerungsschichten und Altersgruppen im Bahnhof Freiburg die Gleise abgesperrt haben als Zeichen dafür, dass wir nicht diesen verfassungswidrigen Angriff mitunterstützen wollen, das war eine Bewegung, die ich jetzt vermisse.
Ich war in den 80er Jahren noch nicht hier um zum Beispiel die politische Szene hier mitzuerleben. Aber was ich mitgekriegt habe war eine Bewegung wie S.U.S.I., die damals Selbstständige Unabhängige Siedlungsinitiative, die ein riesiges Konzept für die Rettung der Häuser auf der Kaserne Vauban ausgearbeitet hatten, und es dann tatsächlich politisch geschafft haben vier Häuser dem Markt zu entziehen und günstigen Wohnraum zu schaffen. Solche Projekte wurden von Idealisten durchgesetzt gegen den stärksten Widerstand des Gemeinderates und des Bürgermeisters. Also von wegen Image „Green City“ oder ökologisches, freiheitliches, vielfältiges Leben, ich habe erlebt, dass die Stadt und die Verwaltung und der Gemeinderat eigentlich mehrheitlich versucht haben alles zu unterbinden, was Leute sich ausgedacht hatten.
Es gab wohl hier eine unglaublich breite Bewegung von anders denkenden oder einfach bewusst denkenden Menschen mit Energieversorgung, mit politischem Sozialverhalten, Sozialintelligenz.
Aber dieses Image von Freiburg ist mir ein Rätsel, es gibt in Freiburg zum Beispiel die übelsten Fahrradwege.
Das heißt diese Pionier-Projekte sind eher etwas, das einzelne Leute in die Wege geleitet haben? Wie siehst du die Rolle des Einzelnen?
Da gibt es einen wunderbaren Spruch, den ich im Black Forstes Hostel in der Kartäuserstraße gelesen habe: „Man sollte niemals dem Glauben verfallen, eine kleine Gruppe anders Denkender hätte die Welt nicht verändert. Es war noch niemals anders.“ Ich glaube, das ist genau der Punkt, ich glaube, dass die meisten großen Veränderungen der Menschheit dadurch entstehen, dass jemand eine gute Idee hat, die dann jemand aufgreift, der die Möglichkeit hat sie zu verbreiten, dieser jenige, sich die dann manchmal an den Hut steckt ohne drüber nachzudenken, dass der andere sie erfunden hat, und damit dann Riesenerfolg hat. So war das wahrscheinlich schon immer. Also eine kleine Idee kommt aus einem genialen Ausprobierer. Dann verbeitet die sich und dann ist sie auf einmal allgemein Normalität. Wenn so eine kritische Masse entsteht von Menschen, die der Meinung sind, dass es so oder so jetzt sei, dann ist es plötzlich normal und richtig und man macht das dann so. Aber derjenige, der das erfunden hat, war tatsächlich jemand, der sich getraut hat, mal etwas zu machen, was die anderen bisher noch nicht getan haben.
Steckt in deinem Haus auch etwas, was noch nicht getan wurde?
Ich glaub nicht so besonders viel. Aber was ich jetzt ganz oft tue, im Haus nicht, aber im Gartenbau, ist nach eigenen Instinkten und Gefühlen Sachen auszuprobieren. Der ganze Grünschnitt, der hier zum Beispiel rumliegt, mit dem Material habe ich einen Garten konstruiert, der eine sogenannte Permakultur ist. Das besagt einfach, dass man das, was man im Garten fördern will, blühen lässt und das andere jätet. Dann gibt’s die Mulchprinzipien. Die Idee des Mulchens kommt aus dem Wald. Ganz einfach, der Wald, lässt seine Blätter fallen, die fallen auf den Boden, es bildet sich Humus, ganz einfach. Das macht man hier auch. Der Humus entsteht dadurch, dass ich mulche mit Grünschnitt und mit allem möglichen Material. Man kann sogar mit Fahrradkartons mulchen. Das führt dazu, dass der Boden feucht bleibt und zu Verwesung wie auf dem Komposthaufen. Dann kommen unerwünschte Pflanzen nicht mehr rauf. Man muss nicht jäten. Der Boden wird locker, er wird fruchtbar. Die Pflanze, die rausragt, aus dem Mulch, nutzt alles das ohne dass man sie anderweitig fördern muss. Man braucht nur Sonne und Wasser. Es wird immer mehr ein Platz der dauerhaft immer wieder Frucht trägt, und zwar so viel, dass man über den Winter eigene Tomaten eingekocht genießen kann, oder im Gewächshaus, im Frühbeet oder auch im Freiland Pflanzen hat, die über das ganze Jahr wachsen. Man kann mitten im Winter im Schnee noch Mangold oder Salat oder sonstige Dinge ernten. Das ist etwas was ich selber so angefangen habe.
In der Stadt Freiburg gibt es jetzt seit Neustem dieses „Urban Gardening“. Das ist ein neues Modewort. Es ist mir völlig rätselhaft weil „Urban Gardening“ gibt es schon seit dem Mittelalter. Die Leute hatten früher einfach einen Garten und zwar egal wo. Das ist selbstverständlich. Ich weiß nicht warum die das jetzt „Urban Gardening“ nennen.
Ich habe 1993 in der Stadt einfach überschüssige Tomaten-Geizlings-Triebe verpflanzt. Die Anwohner habe die irgendwann auch gepflegt. Bei der Musikhochschule habe ich ein öffentliches Tomatenfeld eingerichtet mit viel Aufwand. Da habe ich ein Hügelbeet gebaut, nachts heimlich natürlich, und dann war da eine Saison oder zwei Saisons lang an der Musikhochschule ein öffentliches Tomatenfeld. So Dinge gibt’s, die mir manchmal so einfallen.
Nochmal zurück zur Elektromobilität. Was würdest du Leuten raten, die sich für Elektromobilität oder speziell für ein Twike interessieren?
Das Beste was man machen kann, wenn man sich dafür interessiert, ist im Internet zu forschen nach diesem Forum, das ist das sogenannte „el-web“ (elweb.info). Da kriegt man sehr viele Informationen von einer große Gemeinde von Nutzern dieses Internetportals. Man kann gebrauchte Dinge sehen in vielfältigster Weise und man Menschen kennenlernen, die einen etwas ausprobieren lassen.
Wie kamst du eigentlich auf die Idee im Twike Musik zu machen?
Das Twike hat ja einen Tempomat, was ich selbstverständlich finde. In jedem Fahrzeug, das auf der Autobahn im gleichmäßigen Tempo stundenlang geradeaus fahren kann, braucht es dringend einen Tempomat. Alles andere ist völliger Blödsinn und braucht auch mehr Sprit. Und wenn man jetzt einen Tempomat hat, dann fragt man sich, was macht man eigentlich mit der ganzen Zeit? Autofahren ist eigentlich der vollkommene Zeitfresser. Da habe ich halt angefangen zu üben. Posaune spielen ist für mich lebensnotwendig. Wenn ich Posaune spielen will in einem professionellen Anwendungsgebiet, also Gottesdienste, Orchestermusik, Jazz, Soli, BigBand-Einsätze oder sonstige Dinge, dann ist es unerlässlich zu üben. Ich brauche jeden Tag Übezeit und wenn ich beim Autofahren sowieso nichts anderes zu tun haben als stupide in eine Richtung zu fahren da habe ich eben angefangen zu üben. Also Tonleitern, Stellen aus Orchesterstücken, Jazz-Standards, Übungen zu Akkord-Verbindungen. Das macht mir die Fahrerei zu einer größeren Freude weil ich mich nicht darüber ärgern muss während ich im Stau stehe oder wenn andere Autofahrer mich nötigen durch gefährliche Fahrweise. Dann kann ich meine Ruhe bewahren indem ich einfach bei meiner Sache bleibe, aufmerksam den Verkehr beobachte und während dessen schöne Töne spiele. Seitdem kann ich meine ganzen Blech-Einsätze viel besser spielen weil es einfach mein Konditionstraining ist.
Was würdest du mir raten wenn ich gerne Twike fahren möchte?
Das verbindet sich mit der Frage was würde ich jemandem raten, der Elektrofahrer sein will. Es ist zum Kotzen. Es gibt ganz wenig erschwingliche Möglichkeiten. Es ist ein riesiger Idealismus notwendig um das zu machen. Man muss ganz viele Hürden übergehen, zum Beispiel auch Behörden-Hürden. Ich wollte damals, als die sogenannte Abwrackprämie dazu geführt hat, dass ganz viele gut funktionierende Verbrennungs-Autos einfach verschrottet wurden,
ein Twike kaufen. Aber ein Twike galt nicht als Neufahrzeug, was durch eine Abwrackprämie mitfinanziert werden darf. Das heißt man muss halt Mords-Idealist sein, es ist fürchterlich teuer alles.
Such dir jemanden, der ein günstiges Twike zu viel hat, und leihe das aus. Ich weiß nicht ob die Firma FINE Mobile das macht. Ansonsten brauchst du eben jemanden so wie mich, Twike-Service-Center Freiburg, der so ein Ding günstig verleihen kann, sonst ist es fast so teuer wie ein Hubschrauberflug. Na ja stimmt nicht. Aber ich glaube das kostet schon so 100 Euro am Tag, normaler Tarif.
Ich finde das Tolle ist, wenn man ein Twike hat, was gebraucht ist, dann ist der Wertverlust relativ gering. Neue Fahrzeuge sind so, dass sie schon wenn man sie einmal gefahren hat ein paar Tausend Euro weniger an Wiederverkaufswert haben. Das ist beim gebrauchten Twike relativ gut, man kriegt es immer noch für ein paar tausend Euro, also über 5000 verkauft. Dadurch, dass es so wenige gibt, wird das wahrscheinlich auch so bleiben. Das ist wie eine ganz gute Währung, glaube ich, wenn man es nicht total ruiniert.
Anmerkung zur letzten Frage: Bei FINE Mobile in Rosenthal (Hessen) kann man tatsächlich Twikes für Probefahrten ausleihen. Nur leider sind die Leihfahrzeuge in nächster Zeit schon ziemlich ausbucht, so dass für einen so langen Zeitraum wie meine Energiewende-Reise leider keines mehr frei ist. Ich habe hin und her überlegt ob ich auf das Twike, das Johannes Büttner gerade renoviert, warte. Bis es so zuverlässig läuft, dass auch jemand wie ich ohne Elektronik-Kenntnisse damit fahren kann, ist noch einiges an Arbeit nötig. Also setze ich diese Reise besser mit Zug und Fahrrad fort. Aber eine Idee für ein neues Projekt hat sich in meinem Kopf festgesetzt: Eine Serie von Reportagen über Twike-Fahrer, die außer Twike-fahren noch andere spannende Dinge tun. Die Wege von einem zum nächsten könnte ich ja mit einem geliehenen Twike fahren …
One thought on “Johannes Büttner – Musiker, Gärtner, Bastler, Twike-Fahrer”
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