Berlin – Bürger wollen Stromnetz kaufen

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Es wird spannend in Berlin. Am 2. Juni lief die Frist für indikative Angebote für das Berliner Stromnetz ab. Neben Berlin Energie und Vattenfall hat auch die Bürgergenossenschaft BürgerEnergie Berlin ein Angebot eingereicht. Der Senat prüft nun die Angebote und wird Verhandlungen aufnehmen und entscheiden ob die Ende des Jahres auslaufende Konzession für weitere 20 Jahre an Vattenfall gehen wird oder ob in Zukunft auch die Bürgerinnen und Bürger Berlins an ihrem Stromnetz beteiligt werden.
Auf meinem Weg nach Norden erreichte ich Berlin gerade rechtzeitig zur Energiewende Demonstration am 10.Mai. Matthias Futterlieb von BürgerEnergie Berlin erklärte mir den ehrgeizigen Plan von mittlerweile über 2000 Berlinerinnen und Berlinern, die das Stromnetz der Hauptstadt in Bürgerhand bringen wollen.

Matthias Futterlieb am Infostand von BürgerEnergieBerlin
Matthias Futterlieb am Infostand von BürgerEnergieBerlin

„Wir sind der Meinung, dass es nicht im Sinne Berlins sein kann, dass das Netz weiterhin von Vattenfall betrieben wird und die sicheren Gewinne nach Schweden abfließen. Dieses Geld sollte besser in Energieprojekten hier in Berlin verwendet werden und in Teilen an die Bürgerinnen und Bürger zurück fließen“, sagt Matthias Futterlieb, „außerdem hat der Betreiber eines Stromverteilnetzes auch Einfluss auf den Erfolg und das Funktionieren der Energiewende. Wir sind der Ansicht, dass die Konzession, die jetzt neu vergeben wird, nicht wieder an Vattenfall gehen sollte.“
Vorbild sind in gewisser Weise die Elektrizitätswerke Schönau. Doch die Ausgangssituation hat sich in den letzten 20 Jahren verändert. „Die EWS mussten das örtliche Stromnetz kaufen, um ihre Idee einer ökologischen Stromversorgung umsetzen zu können und dem vorherigen Betreiber die Gewinne aus dem Netzbetrieb zu entziehen,“ erzählt Matthias Futterlieb, „heute ist das etwas anders. Jeder Stromnetzbetreiber ist grundsätzlich verpflichtet, Strom aus erneuerbaren Quellen aufzunehmen. Mit höheren Anteilen regenerativen Stroms ändert sich aber auch die Rolle des Netzbetreibers, er muss heute Veränderungen im Erzeugungsmix antizipieren und proaktiv tätig werden. Dienst nach Vorschrift reicht nicht mehr. Darüber hinaus verbindet uns mit den EWS der Gedanke, dass die Gewinne aus einem regulierten Monopolbetrieb nicht an die Anteilseigner eines Atom- und Kohlekonzerns fließen müssen, sondern besser vor Ort für erneuerbare Energien und Energieeffizienz verwendet werden können.“

Zum Interview mit Matthias Futterlieb (BürgerEnergie Berlin)
Zum Interview mit Michael Sladek (Elektrizitätswerke Schönau)